WM-Nachklang mit Heini und Marti

In der Rubrik „piranhas im Fokus“ werden in unregelmässigen Abständen Interviews und Berichte über Akteurinnen und Akteure aus dem Verein und Umfeld von piranha chur aufgeschaltet.

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Die Damen Weltmeisterschaft in Bratislava ist bereits wieder Geschichte. Die Schweizer Nationalmannschaft hat mit der Bronzemedaille das Minimalziel erreicht. Von den beiden Teamstützen Lara Heini (Goalie) und Flurina Marti (Captain) wollen wir nun wissen, wie sie sich vorbereitet haben und wie sie die WM erlebt haben und was sie von der Zukunft erwarten.

www.imagepower.ch / Fabian Trees

 

Wie habt ihr die WM-Zeit mit dem Schweizer Team erlebt?

FM: Wir waren eine sehr coole Gruppe und haben einander vertraut. Es ist extrem schade, dass nun schon alles vorbei ist. Auch die Zusammenarbeit mit dem ganzen Staff war hervorragend. Ich vermisse dieses Teamfeeling und „Profileben“ momentan sehr, auch wenn ich mich schon wieder extrem auf die piranha-Family freue.

LH: Ich habe in der Nati noch nie einen solchen Teamzusammenhalt erlebt. Es hat einfach gepasst! Wir waren knapp zwei Wochen in einem Profialltag und auch in einer anderen Welt, das wird mir jetzt vor allem nach der WM bewusst:). Neben dem Hotel hatten wir ein Shopping-Center und einmal haben wir auch den Weihnachtsmarkt in Bratislava besucht.

Wie bereitet man sich auf eine Weltmeisterschaft vor?

FM: Ich persönlich habe mir für die WM viel vorgenommen und entsprechend auch Extraschichten geschoben. Mit piranha trainieren wir im Sommer 5 – 7 mal die Woche und während der Saison 3 – 4 mal plus die Spiele. Damit ich auch noch die Zusatzschichten für die Nati schaffe, bin ich zum Beispiel jeweils am Morgen früh zusätzlich in den Kraftraum – alle, die mich kennen, wissen, dass dies für mich jenseits jeder Komfortzone ist;-) Mir war sehr wichtig, dass ich in allen Trainings und Spielen mit der Nati dabei sein kann. Insgesamt habe ich 2017 ca. 45 Tage für die Nati-Zusammenzüge investiert… Dank flexiblem Arbeitgeber, Ferien und reduziertem Pensum war das machbar, trotzdem hat das nicht mehr viel mit „nur Hobby“ zu tun.

LH: Zwei Jahre lang hatte ich dieses Ziel im Kopf und habe mich darauf vorbereitet. Neben dem normalen Trainingsbetrieb mit piranha habe auch ich einige Extratrainings absolviert. Besonders nach meiner Verletzung in der letzten Saison musste ich einiges dafür tun, um überhaupt wieder normal trainieren zu können. Um mich auf die WM vorzubereiten, habe ich in den letzten Monaten viele zusätzliche Hallentrainings absolviert. Seit September trainiere ich jeweils mit der U21 (Herren) von WaSa, wo ich mich an das erhöhte Tempo gewöhnen konnte. Zusätzlich habe ich im RLZ in Gossau trainiert und jeden Mittwochmorgen haben wir an der Uni eine Halle reserviert. Angefangen mit 4 Studenten, die bei WaSa in der NLA spielen, sind wir mittlerweile bis zu 10 Spieler. Mit Spielern wie Michi Schiess oder Julian Alder zu trainieren, ist für mich natürlich besonders toll, auch wenn mein Selbstvertrauen ab und zu etwas leiden muss;)

Hat sich der Mehraufwand ausbezahlt? Seid ihr mit eurem persönlichen Abschneiden zufrieden?

LH: Ich denke der Mehraufwand hat sich ausbezahlt, ja. Erstens sicher, dass ich es überhaupt ins Team geschafft habe und zweitens auch, dass ich sogar so viel Einsatzzeit erhalten habe.

FM: Ja, grundsätzlich schon. Ich habe mich fit gefühlt und konnte defensiv eine gute WM spielen. Dass die Trainer mich zum Teil sogar in zwei Linien laufen liessen, bestätigt mir diese Ansicht. Leider konnte ich in den entscheidenden Spielen offensiv nicht so viel bewirken, wie ich mir das vorgestellt habe.

Lara, wann und wie hast du erfahren, dass du die „Nr. 1“ im Tor bist?

LH: Ich bin eigentlich davon ausgegangen, die Nr. 2 zu sein. Vor der Viertelfinal-Partie gegen Norwegen haben sie mir dann gesagt, dass sie mich als Nr. 1 gesetzt haben. Um ganz ehrlich zu sein, war ich ein wenig überfordert mit der Situation und sicherlich sehr überrascht. Es hat mich aber auch sehr gefreut, dass mein Aufwand belohnt wurde!

IFF / Martin Flousek

 

Was waren eure Highlights, was die Lowlights?

LH: Das erste Highlight war, als wir das erste Mal die Arena gesehen haben. Als Lowlight würde ich das Gruppenspiel gegen Schweden bezeichnen. Einfach zu viel hat da noch nicht gepasst. Nach einer Minute stand es bereits 0:2 und ich hatte noch keinen Ball berührt… Schade war natürlich auch der verlorene Halbfinal, denn es wäre wirklich mehr möglich gewesen an diesem Tag. Schlussendlich bin ich aber froh, dass wir das Bronze-Spiel trotzdem noch gewinnen konnten.

FM: Highlight war für mich klar das Teamleben und das Zusammengehörigkeitsgefühl. Es ist extrem schön unter diesen Bedingungen für die Schweiz zu spielen. Auch das Drumherum mit dem tollen Hotel und den vielen Schweizer Fans war perfekt. Die Niederlage gegen Finnland ist ganz klar der Tiefpunkt, dieses Spiel hätten wir gewinnen können, ja sogar müssen. Trotzdem bin ich sehr stolz, dass wir uns am Samstag nochmals aufraffen konnten und die Tschechen besiegten.

In zwei Jahren ist Heim-Weltmeisterschaft. Seid ihr dann noch dabei?

LH: Die Heim-WM ist eines meiner nächsten Ziele, ja! Ich hoffe einfach, dass das Team möglichst zusammen bleibt und wir nicht all zu viele Rücktritte verkraften müssen. Eine Heim-WM ist immer etwas besonderes und ich denke für die sportliche Entwicklung in der Schweiz ist sie enorm wichtig. Gerade deshalb hoffe ich, dass wir möglichst dort anknüpfen können, wo wir jetzt aufgehört haben.

FM: Gute Frage… Hmm. Sollte das Team in ähnlicher Form zusammenbleiben, bin ich extrem motiviert nochmals alles für die Schweiz zu geben.

Was müsste anders laufen oder verbessert werden, damit die Schweiz zukünftig den Final erreichen kann?

LH: Schwierige Frage… ich denke der Schweiz fehlt noch einiges, um an die Weltspitze zu kommen. Damit meine ich langfristige Veränderungen. Jedoch sehe ich trotzdem die Möglichkeit, dass in einem einzigen Spiel bzw. in einem Turnier alles erreicht werden kann. Dafür benötigt es aber eine klasse Performance des gesamten Teams. Ich hoffe, dass ein grossteil des Teams und auch des Staffs bestehen bleibt, um nicht wieder von vorne beginnen zu müssen. Ich bin weiterhin überzeugt, dass mit diesem Team und dieser Dynamik mehr drin liegt. Langfristig benötigt es aber noch einiges, um den Sport in der Schweiz weiter zu bringen. Ich denke bei den Herren sind wir einen Schritt weiter, aber bei den Damen fehlt enorm viel. Es ist keine Breite vorhanden und es wird auf allen Stufen auch zu wenig trainiert. Die regionalen Leistungszentren, wie ich selber eines besuche, sind sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, nur muss es auch noch von einer grossen Masse genutzt werden. Optimal wäre natürlich ein Anschluss an Sportgymnasien. Eine Bereitschaft der SpielerInnen viel zu trainieren und auf vieles zu verzichten ist aber eine Voraussetzung.

FM: Die Strukturen allgemein und vor allem im Nachwuchs müssten sicher verbessert werden, da sind wir den Nordländern hinterher. Dies würde in der Nati aber erst in ein paar Jahren zum Tragen kommen. Auch die Trainingszeiten sind natürlich alles andere als optimal – wir haben in Chur zwei Mal bis 22 Uhr oder länger Training. Die Regeneration kommt so schon ein wenig zu kurz. Dies wird sich aber aufgrund der Hallensituation in Chur nicht ändern lassen. Auch anderen Vereinen geht es ähnlich. Ein kurzfristiger Ansatz könnte sein, dass Nati-Aspirantinnen einmal pro Woche mit einem Herren 1. Liga oder NLB-Team mittrainieren könnten. Ich weiss aber nicht, ob sich dies realisieren lassen würde.
Auf die Heim-WM hin wäre es ideal, wenn die Leistungsträgerinnen und Trainer bleiben und noch einige Talente hinzukommen würden. Ich möchte aber ganz klar festhalten, dass Talent allein bei weitem nicht ausreicht. Jede Spielerin, die sich für die Heim-WM aufdrängen möchte, beginnt am besten noch heute mit Zusatzschichten – egal ob im physischen, technischen, taktischen oder mentalen Bereich. Damit wir etwas erreichen können, müssen ALLE 20 aufgebotenen Spielerinnen dafür bereit sein, nicht nur eine oder zwei Linien.

 

www.imagepower.ch / Fabian Trees